[ d e e p P u r . p l e ) The Highway Star

Und der alte Kampf geht heiter weiter

Mehr als 5000 lauschten den 70er-Jahre-Hits Von Jan Wätzold

Halle/MZ. "The Battle Rages On" - der Kampf geht weiter. Als Ritchie Blackmore während jener Tournee, deren martialischer Titel doch wie ein Versprechen klingen sollte, die Gitarre hinwarf und Deep Purple Deep Purple sein ließ, waren sich viele Fans und fast die gesamte Musikpresse einig gewesen: Das Ende naht. Das war 1993.

Heute, acht Jahre später, trauen sich nicht einmal mehr die größten Skeptiker, die Krankmeldung von Orgel-Legende Jon Lord in ein weiteres Indiz für den schleichenden Auflösungsprozess der britischen Bandlegende umzudeuten. Ihnen würde einfach niemand glauben. Den Ausschluss aus dem Kreis der Wackelkandidaten verdanken Deep Purple weniger innovativen Neukompositionen als der Rückkehr zu alter Stärke im Live-Musik-Zirkus. Auch während ihres jüngsten Konzerts, am Dienstagabend in Halle, mochte die Band um Sänger Ian Gillan ganze viermal auf Stücke zurückgreifen, die weniger als 20 Jahre auf dem Buckel haben. "Ted the Mechanic" etwa.

Und dennoch vermochten auch jene der mehr als 5000 Besucher unverkrampft Spaß zu empfinden, die sich nicht schon in den frühen 70er Jahren die Nächte mit "Mary Long", "Fools", "Smoke on the Water" und jeder Menge Rotwein um die Ohren geschlagen haben.

Dass Deep Purple heute selbst jene Generation zu fesseln vermag, deren Vertreter Jeans der Marke Levi's für uncool und langhaarige Männer für antiquiert halten, hat nicht nur mit den Hörgewohnheiten der Eltern zu tun. Es ist der viel beweinte Ausstieg von Ritchie Blackmore, der der vor 33 Jahren gegründeten Band den erfolgreichen Schritt ins 21. Jahrhundert ermöglicht hat.

Steve Morse, der seit 1994 die Saiten schlägt, spielt selbst das berühmte "Smoke on the Water"-Riff nicht geradeaus, sondern zerdehnt es, spielt es schmutziger, für jüngere Ohren reizvoller als das Original. Auch den anderen Klassikern des Band-Repertoires drückt der Blackmore-Nachfolger immer wieder seinen persönlichen Stempel auf. Eine Frischzellen-Therapie für die Hits der Siebziger.

Schlagzeuger Ian Paice, Bassist Roger Glover und Sänger Ian Gillan - die drei Überlebenden aus der Formation des Jahres 1969- harmonierten in Halle mit Morse ebenso wie mit dem kurzfristig für den knieverletzten Jon Lord eingesprungenen Keyboarder Don Airey. Dessen Orgel ließ es zwar im Zusammenspiel mit den anderen Musikern etwas an Durchsetzungskraft mangeln. Die Soli allerdings machten bis auf kleinere Fehlgriffe vergessen, dass die Tasten eben doch nur von einer Vertretung bearbeitet wurden.

Deep Purple, die mit "Made in Japan" einst den Prototyp des Hard-Rock-Live-Albums einspielten, sind wieder da. Oder immer noch. Nicht zufrieden damit, ihre Songs keimfrei unter das Volk zu jubeln. Sondern stets bemüht, die Fans mit Variationen und Kombinationen zu überraschen. Und auch nicht verlegen, dabei auf die Werke berühmter Kollegen - von Hendrix bis Led Zeppelin - zurückzugreifen.

Nach zwei Stunden und drei Zugaben - "Black Night", "Hush" und Highway Star" - war das Konzert in Halle zu Ende. Den Fans fielen noch etliche Hits ein, die das Gastspiel hätten verlängern können. "Beim nächsten Mal", lautete der gegenseitige Trost. Und das war, anders als früher, ernst gemeint.

Mitteldeutsche Zeitung

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Thomas Wieschke


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